29.02.2016

Holocaust-Gedenktag 2016: „Hitlerjunge Salomon“ appellierte an Selmer Schüler

Foto: Sally Perel ist regelmäßig Gast am SGS und las auch in 2016 aus „Ich war Hitlerjunge Salomon“ vor.

Sally Perel ist regelmäßig Gast am SGS und las auch in 2016 aus „Ich war Hitlerjunge Salomon“ vor. – Bild: gymnasium-selm.de (ws)

Dieser Artikel ist ein Pressebericht der Ruhr Nachrichten über das SGS. ruhrnachrichten.de/selm

Sally Perel musste als Jude vor den Nazis fliehen. Um sein Leben zu retten, verschleierte er seine Herkunft. In der Hitlerjugend lebte er dann in ständiger Angst, entlarvt zu werden. Doch er überlebte. Schülern in Selm stellte er sein Buch „Ich war Hitlerjunge Salomon“ vor – und richtete einen Appell an sie.

Salomon Perel, auch Sally genannt, lebte zur Zeit der Judenverfolgung während der Nazi-Zeit. Der heute 91-Jährige möchte der Jugend als Zeitzeuge berichten, damit sie wissen, wie es damals wirklich war.

Perel wurde 1925 als Sohn eines jüdischen Rabbiners geboren. Bis er acht Jahre alt war, lebte er unbeschwert in Braunschweig. Dann fingen die Gräuel an. Nach einem Schulverweis und dem Erlass der Nürnberger Rassengesetze wurde es für seine Familie in Deutschland zu gefährlich, sie flüchtete nach Polen. Doch als nach vier Jahren klar wurde, dass es ein Ghetto geben soll, gab es für Sally nur eine Möglichkeit: Aufbruch. Sein Vater gab ihm auf den Weg, niemals den Glauben zu verlieren und Jude zu bleiben. Seine Mutter sagte: „Sally, du sollst leben.“ Damit sah der damals 14-Jährige seine Eltern zum letzten Mal.

Die Ausmaße der Liebe seiner Mutter habe er damals noch nicht begriffen. Perel glaubt aber, dass ihn die Worte seiner Mutter später gerettet haben. Denn als Minsk von der Wehrmacht überfallen wurde, musste er sich zwischen den Wünschen seiner Eltern entscheiden. Ein Wehrmachtssoldaten fragte ihn: „Bist du Jude?“ Da entschied für Perels Überlebensinstinkt. „Nein, Volksdeutscher!“ Joseph „Jupp“ war der erste Name, der ihm damals einfiel. Den ganzen Krieg über konnte Perel seine wahre Identität geheim halten. „In mir drin gab es irgendwann zwei Identitäten. Der Konflikt zwischen dem Hitlerjungen und dem Juden in mir wird mich bis zu meinem letzten Lebenstag begleiten“, sagte er. „Selbst ich war nicht immun, sie haben auch mein Gehirn vergiftet.“

Er wird niemals den Moment vergessen, in dem er in der Schule im Fach „Rassenkunde“ von einem Lehrer als „klassischer Arier ostbaltischer Rasse“ identifiziert wurde – aufgrund seines Aussehens, insbesondere seiner Gesichtszüge. „Die vier Jahre im Internat waren vier Ewigkeiten. Ich habe jeden Tag geglaubt, erwischt und augenblicklich getötet zu werden“, erzählte er den Schülern. „Es gab nichts als Hass in den Herzen dieser Menschen, er war ein wichtiger Teil ihrer Propaganda. Und aus Hass entsteht Gewalt.“

Perel gab den Gymnasiasten auf den Weg: „Ich freue mich, wieder hier sein zu können, hoffentlich ist es nicht das letzte Mal. Ihr habt das Recht zu wissen, was damals war. Dass ihr hier sitzt, heißt für mich, dass ihr nicht geschichtsfrei leben wollt. Die Vergangenheit kann man nicht einfach vom Mantel abschütteln, sie sitzt zu tief im Gewebe.“

Man merkt, dass es Perel ernst ist. Seit eineinhalb Wochen ist der 91-Jährige, der heute in Israel wohnt, in Schulen unterwegs, zweieinhalb hat er noch vor sich. Eines liegt ihm besonders am Herzen: „Ich beauftrage euch mit etwas. Ihr habt heute die Wahrheit eines Zeitzeugen gehört. Gebt sie weiter, tragt sie in euren Herzen. Schuld ist nicht erblich, man macht sich nur schuldig, wenn man wieder zusieht. Stellt euch gegen die Braunen, die nun Kopf und Hand heben und die Gehirne der Jugend vergiften wollen. Pegida, AFD, NPD.“

Er wünsche sich, sagte er zum Schluss, dass die Jugendlichen beherzt gegen die vorgehen, die schreien: „Wir sind das Volk.“ Denn: „Ihr seid das Volk!“

40 Jahre nach seinen Erlebnissen beschloss Perel, eine Autobiografie zu verfassen. 1990 erschien das Buch erstmalig auf Französisch, ein Jahr später auf Hebräisch, 1992 auf Deutsch („Ich war Hitlerjunge Salomon“ – im Heyne-Verlag für 8,99 Euro erhältlich). Die Autobiografie diente als Vorlage für den Film „Hitlerjunge Salomon“ aus dem Jahr 1990.

Holocaust-Gedenktag – Tag des Lernens

29.02.2016 · Ruhr Nachrichten (Johanna Keck)

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