12.03.2020
RN-Gespräch mit Ulrich Walter zu Auswirkungen des Coronavirus
Schulleiter Ulrich Walter. – Bild: gymnasium-selm.de
Der Brief von Schulleiter Ulrich Walter an die Eltern der Jahrgangsstufe waren gerade verteilt, da ereilte Anfang der Woche das Gymnasium Selm eine schlechte Nachricht. „Unsere polnische Partnerschule hat unseren Besuch abgesagt“, sagt der Oberstudiendirektor auf Anfrage unserer Redaktion. Die Gastgeber würden damit einer Weisung der Regierung folgen.
14 bis 15 Schülerinnen und Schüler des Selmer Gymnasiums hängen jetzt ein Stück weit in der Luft, denn die drei weiteren Fahrten der Jahrgangsstufe 8 nach Spanien, England und Belgien sind „weiter in der Planung. Die Schüler würden gerne fahren“, sagte am Mittwochmorgen Ulrich Walter. Auch die begleitenden Lehrerinnen und Lehrer hätten erklärt, „dass sie bereitstehen“.
Als die Schülerinnen und Schüler längst ihren Unterricht beendet hatten, zog die Landesregierung die Notbremse. Alle ein- und mehrtägigen Klassenfahrten, die vor den Osterferien starten sollten, dürfen nach dieser Vorgabe nicht mehr angetreten werden. Damit herrscht für alle Beteiligten endlich Klarheit.
„Solange es keine Reisewarnung gibt, gibt es keine zwingende Notwendigkeit, die Fahrten abzusagen“, hatte wenige Stunden zuvor noch Walter gesagt. Hintergrund der Aussage war: nach einem zu dem Zeitpunkt noch gültigen Erlass des NRW-Ministeriums haben die Schulen die örtlichen Gesundheitsämter zu kontaktieren, um einen positiven Bescheid zu erhalten. Nur für den Fall einer negativen Aussage sei das Land bei einer dann logischen Absage zur Übernahme der Kosten bereit.
„Seit heute Morgen weiß ich, dass das regional zuständige Gesundheitsamt sich nicht befugt fühlt, eine Aussage in dieser Frage zu machen“, sagt Ulrich Walter am Mittwochmittag. Das hat gravierende Folgen: „Wenn ich vorschnell absage, bleibt die Kostenfrage ungeklärt.“
Das Städtische Gymnasium hatte deshalb mit einer Entscheidung über die drei Fahrten nach Spanien, England und Belgien gewartet. Je nach Zielort geht es um 300 bis 400 Euro, die die Eltern für die Klassenfahrt ihrer Kinder bezahlt haben. Die klare Position des Selmer Schulleiters lautet: „Die Eltern sollen nicht unnötig auf den Kosten sitzen bleiben.“
Während die Schule das Thema „Fahrten ins Europäische Ausland“ tagesaktuell neu bewerten muss, gelten für andere schulische Belange klare Regeln. „Kann-Veranstaltungen finden zunächst unbegrenzt nicht statt.“ Dazu gehört beispielsweise eine Theateraufführung, die in gut einer Woche stattfinden sollte, jetzt aber auf Mai verschoben ist.
Anders sieht es bei „Muss-Veranstaltungen“ aus. Dazu gehört aus Sicht des Selmer Gymnasiums eine Theateraufführung in der Region für den Abiturjahrgang. Die Schülerinnen sollen, so ist es noch geplant, eine Faust-Aufführung in Lünen ansehen. „Wenn es aber Hinweise gibt, dass es problematisch werden könnte, werde ich den Besuch kurzfristig absagen“, sagt Ulrich Walter.
Keine große Diskussionen dürfte es am Selmer Gymnasium über die Mottotage geben. Während in Nachbarorten an diesen Tagen oft ausgelassene Stimmung herrscht, gibt es in Selm keinen Unterrichtsausfall. „Die Schülerinnen und Schüler kommen nur in anderer Kleidung“, sagt Ulrich Walter. „Es handelt sich nicht um eine außergewöhnliche Veranstaltung.“
Eine Beschreibung, die in diesen Corona-Tagen eher selten zutrifft. Kaum etwas geht noch den normalen Gang. Eine außergewöhnliche Situation, die viele Fragen aufwirft und für die es oft noch keine Antworten gibt. Ulrich Walter wartet daher „täglich auf aktuelle Hinweise durch das Schulministerium und damit auf klare Vorgaben“.