13.05.2012

Theaterbesuch Deutsch Q1: Woyzeck im Dortmunder Schauspielhaus

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Bild: Theater Dortmund / Birgit Hupfeld

Am 24. April 2012 besuchte der Deutschgrundkurs der Q1 mit seinem Lehrer Herrn Kühlenborg das Theaterstück „Woyzeck“ von Georg Büchner im Dortmunder Schauspielhaus. Nico Büker berichtet über den Besuch und die Inszenierung:

Ein dunkler massiver Vorhang versperrt dem Publikum die Sicht auf die Bühne am 24. April 2012. Vereinzelte grelle Scheinwerfer erhellen ihn im dunklen Saal und eine schrille Musik betont die düstere Stimmung. Der Vorhang hebt sich und ein Mann, Franz Woyzeck (Axel Holst), kriecht durch die schmale Öffnung hindurch und führt scheinbar ein Selbstgespräch, obwohl in der Originalfassung von Georg Büchner Woyzeck ein Gespräch mit seinem besten Freund Andres (Paul Wallfisch) führt. Dann hebt sich der Vorhang vollständig und das Bühnenbild wird sichtbar: ein schlichter schwarzer Hintergrund, auf der Bühne liegt Schnee und im Hintergrund sitzt ein Mann am Flügel, der immer wieder zwischendurch das Stück musikalisch begleitet. Offenbar handelt es sich hierbei um Andres, obwohl dies in der Aufführung nicht deutlich wird.

Der einfache Soldat Franz Woyzeck lebt mit seiner Frau Marie Zwickwolf (Caroline Hanke) und ihrem gemeinsamen unehelichen Kind ein einfaches Leben. Um dieses überhaupt finanzieren zu können, arbeitet er als Laufbursche für seinen Hauptmann (Uwe Rohbeck) und als Versuchskaninchen für den Doktor (Andreas Beck). Der große Druck und die Erniedrigung von allen Seiten treiben Woyzeck schließlich in den Wahnsinn. Dabei geht Marie eine Affäre mit dem Tambourmajor (Sebastian Kuschmann) ein, was Woyzeck aber nach kurzer Zeit herausfindet. Innere Stimmen befehlen ihm daraufhin Marie umzubringen. Er kauft sich ein Messer, lockt sie in einen Wald und tötet sie letztendlich.

Die Inszenierung unter der Regie des Dortmunder Schauspielhauses (Kay Voges) weist diverse auffällige Unterschiede zur Originalfassung auf. Andres hat beispielsweise keine Sprechrolle, sondern sitzt als Sänger und Pianist im Hintergrund und begleitet das Stück, wodurch Woyzeck oft so wirkt, als würde er Selbstgespräche führen. Während einige Stellen ausgelassen werden, sticht eine hinzugefügte Szene besonders heraus: Kurz nach Beginn des Stückes stehen alle Charaktere gemeinsam versammelt um ein Loch im Boden und vergraben einen blutroten Affen. Diese Szene lässt viel Interpretationsspielraum über die Bedeutung des Affens und des Stückes selbst zu. Eine weitere Szene unterbricht die Aufführung förmlich: Als Woyzeck die Affäre seiner Frau bemerkt, wird das Publikum aus der alten ländlichen Atmosphäre gerissen, indem ein Vorhang mit der Aufschrift „Why don’t you like me?“ schlagartig herunterfällt und eben jener Satz in einer lauten „Heavy Metal“-Musik wiederholt geschrien wird. Hier lässt sich der starke Einfluss der Gegenwart auf die Interpretation des Dramas erkennen. Das Ende widerspricht der Originalfassung völlig, indem Marie, nachdem sie umgebracht wurde, wieder aufsteht und mit zwei Revolvern alle Personen, die sich um sie versammeln, umbringt.

Die Strukturlosigkeit des in Fragmenten überlieferten Dramas und die darin enthaltene Verwirrung werden durch die vielen Wendungen, Zeitsprünge und die gewagten Veränderungen sehr gut dargestellt. Der Wahnsinn Woyzecks wird durch Axel Holst glaubwürdig gespielt und auch die anderen Schauspieler unterstützen die von Wahnsinn und Verwirrung geprägte Atmosphäre durch lautes und überzeugendes Schreien der Texte in vielen Szenen. Die Musik ist eher modern gehalten und bildet einen Kontrast zum eigentlichen Inhalt, besonders die überraschende von „Heavy Metal“ begleitete Szene reißt das Drama aus der typischen Atmosphäre, gleichzeitig passt sie aber zu den vielen inhaltlichen Ergänzungen und Veränderungen. Das Bühnenbild sorgt dank des schlichten schwarzen Hintergrundes für eine düstere Stimmung, wobei der Sinn des Schnees nicht ganz klar wird.

Das Schauspielhaus Dortmund hat den Schülerinnen und Schülern der Deutsch-Grundkurse der Qualifikationsphase 1 vom Städtischen Gymnasium Selm eine alternative Inszenierung von Woyzeck präsentiert und damit vermutlich für viel Verwirrung gesorgt, wenn gleich man für eineinhalb Stunden gut unterhalten wurde.

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13.05.2012 · Nico Büker

 

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