29.01.2004

Wilnaer Ghetto: Jiddische Lieder machten betroffen

Dieser Artikel ist ein Pressebericht der Ruhr Nachrichten über das SGS. ruhrnachrichten.de/selm

Die rund 50 Zuhörer warteten im Städtischen Gymnasium gespannt auf die beiden Interpreten: Kein Husten, kein Stühlerücken oder private Plaudereien. Das wäre auch fehl am Platz gewesen, denn das Thema des Abends „Jiddische Lieder aus dem Wilnaer Ghetto“ bot hierfür keinen Raum.

Durch den Wechsel von Texten und Liedern bekamen die Zuhörer einen Einblick in die Entwicklung des Wilnaer Ghettos in Litauen, von den Anfängen 1941 bis zur Liquidierung 1943. Betroffen verfolgte das Publikum die von Ulrich Raue und Roswitha Dasch verlesenen Texte. Es handelte sich um Berichte von Zeitzeugen, die Roswitha Dasch auf mehreren Reisen nach Wilna besuchte und befragte. Die Liedertexte hatten jüdische Komponisten und Dichter im Ghetto verfasst und Ulrich Raue für die Besetzung Klavier, Violine und Gesang arrangiert. Roswitha Dasch verstand es, mit ihrer klaren und kraftvollen, aber auch sehr einfühlsamen Stimme die Lieder so darzustellen, dass man das ganze Leid und Elend, die Verzweiflung und Trauer, die die Autoren zum Ausdruck brachten, mitfühlen konnte. Diese Lieder gaben ihnen aber auch immer wieder Mut und Hoffnung.

Die nachdenkliche Stimmung unterstützte das Violinspiel der Erzählerin. Das Wissen um das Ende der Geschichte ließ das Publikum verhaltend, zögernd applaudieren, fast, um diese einzigartige Stimmung nicht zu unterbrechen. „Die befragten Zeitzeugen hatten es nur einer Verkettung glücklicher Zufälle zu verdanken, dass sie überlebt haben“, so Roswitha Dasch. Von den ursprünglich 63.000 jüdischen Bewohnern in Wilna und Kaunas haben nur 2000 überlebt. Jetzt leben in ganz Litauen nur noch etwa 120 von ihnen.

So entstand eine Text-Musik-Collage, die sicher jeden noch nach Ende des Vortrages beschäftigt haben wird. Am Ende bekamen beide Interpreten langanhaltenden Applaus. Sie mussten sich noch zweimal dem Publikum zeigen und eine Zugabe geben. „Aber dann kann ich nicht mehr“, wies Roswitha Dasch eine weitere Zugabe vorsorglich ab. Diesen Abend gestaltete die Volkshochschule in Zusammenarbeit mit dem Städtischen Gymnasium. Er bildete den Themenabschluss der Projekttage der 10. Klasse unter Federführung von Albert Grieser.

Die Organisatoren hatten diesen Tag ausgewählt mit Hinblick auf den Gedenktag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch die Russen.

Holocaust-Gedenktag – Tag des Lernens

29.01.2004 · Ruhr Nachrichten (aps)

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